Wie kam es dazu, dass
dein neues Album „Tonight“ (VÖ
18.05.2012) von „Element Of Crime“-Frontman Sven Regener co-produziert wurde?
Ich kenne Sven schon länger, und wir haben schon öfters
zusammengearbeitet. Vor zwei Jahren war ich ja auch als Support-Act mit
„Element Of Crime“ auf einer längeren Tour unterwegs. Wir haben auch schon
einmal für einen Soundtrack etwas gemeinsam gemacht. Als er sich bereit erklärt
hat „Tonight“ mitzuproduzieren, hatte er gleich einen guten Vorschlag parat:
Wir das machen das einfach so, dass du mir jede Woche ein neues Lied per Mail
schickst! Daran habe ich mich mit wenigen Ausnahmen auch gehalten. Manchmal
waren es halt zwei Wochen, dafür hatte ich dann aber drei Lieder fertig. Dieser
von Sven vorgegebene Arbeitsrythmus hat super funktioniert.
Wie ging es dann
weiter?
Wir haben dann noch über die finanziellen Rahmenbedingungen
geredet, und da die Plattenindustrie ja sowieso ziemlich im Eimer ist, haben
wir uns gesagt, wir produzieren das neue Album so, dass wir im Zweifelsfall von
niemanden Geld brauchen. Darum habe ich in Wien zuerst alles vorbereitet, und
die richtigen Aufnahmen haben dann bei Sven zuhause in Berlin stattgefunden.
Wir haben „Tonight“ gemeinsam produziert, und es wurde dann noch von Sven
gemischt.
Was schätzt du an der
Zusammenarbeit mit Sven Regener?
Das Schöne ist, dass es bei Sven nie um irgendwelche
Eitelkeiten oder irgendwas geht. Da kann´s auch mal vorkommen, dass viel
aufgenommen wurde, aber wenn´s nicht passt, heißt es im nächsten Moment dann
trotzdem wieder: DELETE! Es geht immer
um die Sache, das ist super. Wir wollten für diese Platte auch ganz einfache
Arrangements, kein großes Brimborium, und auch da hat mich Sven total
unterstützt. Er hat da eine sehr zielgerichtete, effiziente und schnörkellose
Herangehensweise.
Manche Songs auf
„Tonight“ sind wirklich sehr reduziert, klingen fast demo-mäßig. Aber das war
also beabsichtigt?
Ja, ich habe die Songs in Wien so vorbereitet, obwohl da
noch gar nicht klar, ob das die endgültige Form sein wird. Ich dachte, ich
mach´s mal so, wie es mir richtig erscheint bzw. wo es mich gerade hinzieht. Es
hätte dann in Berlin noch die Möglichkeit bestanden viel mehr aufzunehmen bzw.
die Arrangements zu erweitern, aber letztendlich haben
dann sowohl Sven als auch ich eher den Plan verfolgt, den Charme der
Entwürfe zu bewahren. Wir haben schon Sachen ausprobiert, sind aber dann zu dem
Schluss gekommen, dass in manchen Fällen möglicherweise der Entwurf besser war,
als die anderen Versionen. Das Ganze hat aber nichts mit Home-Recording oder so
zu tun, das ist nicht unser Ansatz. Es ist völlig egal, wo das entstanden ist,
die Stilistik der Songs ist halt einfach so.
Was inspiriert dich
zu deinen Songs?
Das ist ganz unterschiedlich. Für mich sind es eher
Begegnungen mit Liedern, und nicht ein bewusster Prozess. Diese Begegnungen finden in den
unterschiedlichsten emotionalen Zuständen statt. Manche Sachen basieren
wirklich auf konkreten Geschichten, wo ehe man´s sich versieht, ein Song daraus
wächst. Trotzdem kriegt das dann trotzdem immer so eine Metaebene, wo ich das
Gefühl habe, das es dann schon wieder um etwas anderes geht. Also der konkrete
Anlass verflüchtigt sich wieder, oder es bleibt beim Konkreten. Manchmal sind
es auch so atmosphärische Sachen. Das Lied „Drowning For Your Love“ ist auf dem „Hurricane“ Open
Air-Festival in Deutschland entstanden, wo ich zwei Tage war und dort auch
gearbeitet habe. Gemeinsam mit einigen Freunden habe ich mir dort ganz spät in
der Nacht den Auftritt von „Massive Attack“ angeschaut. Ich bin da eher neutral
hingegangen, bin gar kein so großer Fan der Gruppe, aber es war dann ein tolles
Konzert, mit extrem fetten Bässen und einer apokalyptischen Live-Show mit
tollen Lichtern etc. Irgendwann ziemlich spät ist dann bei mir irgendetwas
aufgetaucht, ich habe mich in so ein Dixie-Klo am Festival-Gelände eingesperrt
und den Song geschrieben.
Du bist ja beruflich
oft in Deutschland, zumeist in Berlin. Wie würdest die Unterschiede zwischen
Berlin und Wien zusammenfassen?
Ich finde dass die Mechanismen in Wien ganz anders sind als in Berlin, vor allem auf
nonverbaler Ebene. Das merkt man relativ schnell, wenn man so wie als
Westösterreicher aus Tirol nach Wien kommt. In Tirol sind die Leute sehr
geradlinig, während das in Wien ganz anders ist. An das hatte ich mich mit der
Zeit schon gewöhnt, und kam dann nach Berlin, wo´s wieder völlig anders läuft, und die Leute eher sehr
„straight“ sind. Ich habe das Gefühl,
dass es in Wien länger dauert, bis Dinge wachsen, was manchmal auch ein wenig
ermüdend ist. „Hudeln“ gibt´s in Wien nicht, man lässt sich z.B. bei Projekten
Zeit, während es woanders schneller
geht, aber dafür ist die Sache dann auch schneller wieder vorbei. So geht´s mir
mit Wien. Berlin ist sehr erdig, gerade heraus, unbarmherzig, fordernd. Und
weil es eine große Stadt ist, sind manche Probleme stärker ausgeprägt als bei
uns. Die finanziellen Probleme der Kunstszene sind in Berlin z.B. viel
ausgeprägter als in Wien. Mir scheint, bei uns war das vielen Leuten bis vor
kurzem gar nicht so geläufig, dass es in diesem Bereich eine Krise gibt.
In der letzten Zeit
hast du angefangen „Wohnzimmer“-Konzerte zu spielen. Warum?
Wenn man in einem Club auftritt, braucht das Ganze einen
Vorlauf, es entstehen Kosten, man braucht eine Technik etc. Deswegen habe ich
mir gedacht, mich würde sozusagen die „direkte“ Vermittlung der Musik
interessieren. Was gibt es für einen schöneren Rahmen, als in einem Wohnzimmer
aufzutreten? Ich spiele nicht überall, weil man für so einen Auftritt zum
Gastgeber/Gastgeberin schon so eine Art Vertrauensverhältnis braucht. Aber
gerade deswegen ist dann meistens eine ganz besondere Atmosphäre, und die Leute
sind sehr aufmerksam. Es gibt keine PA, um die man sich kümmern muss, in punkto
Kulinarik hat irgendjemand hat Brote zum Selbst-kostenpreis vorbereitet und
wenn man das Ganze mit „freier Spende“ macht, geben die Leute auch wirklich was
ins Körberl. Ich habe mit den Wohnzimmerkonzerten bis jetzt nur sehr positive
Erfahrungen gemacht. Außerdem kommt das auch meiner derzeitigen Art von
Live-Auftritten – also zumeist solo und dann kommen Gäste dazu – sehr entgegen.
Was darf man sich von
deiner CD-Präsentation am 22.5. in der Garage X am Petersplatz erwarten?
Ich werde die Songs der neuen CD gemeinsam mit einigen Gästen
live präsentieren. Es werden u.a. Peter
Lang und Hans Riener von der Linzer Band „Shy“, Manuel Rubey, Doris
Schretzmayer dabei sein. Vielleicht kann ich auch eine befreundeten Fotografin
überreden, dass Sie einen Song mit mir singt. Das Ganze wird ein bisschen Zirkus-mäßig, aber hoffentlich
lustig.
Hast du zum Schluss
noch eine Tour-Anekdote von der gemeinsamen Zeit mit „Element Of Crime“ parat?
Da gibt’s keine großartigen Geschichten, aber was lustig
war, ist das Sven uns öfters sehr gut über die kulturellen Sehenswürdigkeiten
der Stadt in der wir gerade waren, informiert hat. Einer meiner Musiker, der
Norweger Kyrre Kvam, und ich sind ja große Freunde des Wanderns, und wir sind
dann öfters gemeinsam auf so eine kleine Stadt-Tour losgezogen. Sven kennt sich
fast überall in Deutschland sehr gut aus und hat uns über die historischen
Bezüge und andere wissenswerte Dinge sehr gut unterrichtet. Überhaupt war es
eine tolle Tour. Das Publikum von „Element Of Crime“ war sehr freundlich zu
mir, wir wurden überall gut aufgenommen, und haben auch einige CD´s verkauft.
Damals habe ich ja auch regelmäßig in einem Blog für die „Süddeutsche Zeitung“
von dieser Tour berichtet.
Danke für das
Gespräch!
(Robert Fischer)
CD Präsentation von
„Tonight“:
Di 22.05. Garage X,
Petersplatz um 20h
Link-Tipp:
Fotos: Sven Hoffmann